Großversuch ausgesetzt: Forstverwaltung verbietet Einsatz bleifreier Munition
Potsdam - In der Landesforstverwaltung Brandenburg werden bis auf Weiteres keine bleifreien Büchsengeschosse mehr eingesetzt. Hintergrund sind Meldungen über unkalkulierbare Rück- und Abpraller mit bleifreier Munition. Diese wurden insbesondere von der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. (DEVA) festgestellt.
Brandenburg ist das einzige Bundesland, das seine Landesbediensteten seit 2005 per Erlass zum bleifreien Schießen verpflichtet hat und den Einsatz bleifreier Munition in einem Großversuch wissenschaftlich untersucht. Aus der Fürsorgeverpflichtung für seine Mitarbeiter und Jagdgäste wird der Einsatz bleifreier Munition bei der Jagdausübung im Landeswald verboten, bis Klarheit über das Rück- und Abprallverhalten
bleifreier Munition besteht.
Seit dem Erlass im Jahr 2005 wurden in Brandenburg umfangreiche Erfahrungen mit bleifreier Munition gesammelt, die nun weiter ausgewertet werden. Aufgrund der anschließend geführten Diskussion zu
bleifreier Munition im jagdpraktischen Einsatz wurde 2006 eine Steuergruppe ,Bleifreimonitoring" eingesetzt. Das gemeinsame Forschungsprojekt hat über einen mehrjährigen Zeitraum
tierschutzrelevante, jagdbetriebliche, wirtschaftliche, wildbiologische, waffentechnische und ballistische Aspekte beim Einsatz von alternativer Munition untersucht und mit der Wirkung herkömmlicher Munition
verglichen. Nunmehr müssen weitere Untersuchungen folgen, die Aufschluss über das Rück- und Abprallverhalten bleifreier Munition geben.
Der Erlass zum bleifreien Schießen war am 31. Januar 2005 als zusätzlicher Schutz für Greifvögel ausgegeben worden. Außerdem wurde damals das Jagrecht verändert: Brandenburgs Waidmänner und -frauen wurden angewiesen, den so genannten Aufbruch nach der Jagd so zu beseitigen, dass Greifvögel nicht daran herankommen. Hintergrund waren seinerzeit sich häufende Berichte über Bleivergiftungen bei Greifvögeln.
Bei einigen dieser Vögel wurden Geschossreste von bleihaltiger Munition im Magen nachgewiesen. Die Verpflichtung, zum Schutz der Greife den Aufbruch entsprechend zu beseitigen, gilt weiter.
DEVA: Abprallverhalten von bleifreien Geschossen bedenklich
Negative Beispiele aus Jagd- und Polizei-Praxis / Monitoring-Programm erweitern
Unbedingten
Forschungsbedarf sieht die Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd
und Sportwaffen (DEVA) hinsichtlich des Abprallverhaltens von
bleifreien Büchsengeschossen aus Kupfer oder Kupferlegierungen, die als
Alternative für bleihaltige Jagd-Munition teilweise schon im Einsatz
sind. Das Sicherheitsrisiko für den Schützen und seine Umgebung -
insbesondere bei Bewegungsjagden - müsse geklärt werden, wie aktuelle
Vorkommnisse belegen.
Laut DEVA haben sich Bedenken
gegenüber diesen so genannten Solid-Geschossen vor wenigen Wochen im
polizeilichen Bereich bestätigt, wo derartige Geschosse eingesetzt
werden. Demnach sind bei einer Schießübung Projektile vom Geschossfang
rückgeprallt und haben die 25 Meter entfernte Tür des Schützenstandes
glatt durchschlagen - knapp neben dem Schützen. Ein Landeskriminalamt
untersucht derzeit mehrere derartige Fälle.
Bei einem Jagdunfall im Fränkischen wurde ein Jagdteilnehmer durch ein
Solid-Geschoss tödlich in die Brust getroffen, das im rechten Winkel
zum Opfer abgefeuert wurde und an mehreren Baumstämmen abprallte. Nach
Auffassung des polizeilichen Sachverständigen wäre dies bei
Bleigeschossen nicht denkbar gewesen, da diese beim Abprallen von
Hindernissen schnell an Masse und Geschwindigkeit verlieren.
Die DEVA regt jetzt ein Forschungsprogramm an mit Munitionsherstellern,
Landwirtschaftlicher Berufsgenossenschaft, Deutschem
Jagdschutz-Verband,und weiteren Interessierten an, um den
Sicherheitsaspekt dieser Geschosse zu klären. Das Monitoring-Programm
der Landesforsten Brandenburg sollte nach Auffassung der DEVA unter
erhöhten Sicherheitsauflagen durchaus fortgeführt werden, um die
Tötungseffizienz dieser Geschosse weiter abzuklären.
Damit haben sich die Bedenken des DJV hinsichtlich Sicherheit und
Abprallverhalten von bleifreien Büchsengeschossen leider verstärkt. Der
DJV begrüßt deshalb das DEVA-Forschungsvorhaben.