Artikel "Eine Chance für Eiche und Co."

Artikel "Eine Chance für Eiche und Co." MOZ-Artikel v. 18.10.2018 von Carmen Berg


Sehr geehrte Damen und Herren,

anstelle der bisherigen Einzeljagd sollen als „zielorientierte Jagd“ groß angelegte Gemeinschaftsjagden durchgeführt werden. Dazu treffen sich z.T. über 100 meist vollkommen revierfremde „Schützen“ – ohne jede Beziehung zum Revier und zum darin vorkommenden Wild.

Die Absicht, möglichst viele Rehe anlässlich möglichst weniger Jagden zu erbeuten, hat jedoch keineswegs nur positive Folgen. Denn die Zahl der je Großjagd erlegten Tiere ist nur anfänglich hoch und suggeriert „Effektivität“. Die Tiere stellen sich jedoch auf diese Jagdstrategie ein, sodass die erzielbaren Strecken alsbald abnehmen und sich früher oder später wieder auf das Normalmaß einpendeln. Allerdings werden (aufgrund mangelnder Beobachtung?) im Vergleich zur Einzeljagd mehr männliche als weibliche Rehe geschossen. Logische Folge: Bei im Jahreslauf gleichbleibender absoluter Anzahl geschossener Tiere verbleiben auf Dauer mehr weibliche Tiere als Zuwachsträger in der Wildbahn. Nicht nur Biologen fragen sich, wie auf diese Weise eine Bestandsreduzierung funktionieren soll.

Schnelle Schussabgabe hat Vorrang vor abwägender Beobachtung. Der fachkundige Blick auf die getöteten Tiere offenbart die Folge dessen: Man sieht Trefferlagen, die unmöglich schmerzlos zum sofortigen Tode führen konnten. Bezieht man Tiere ein, die durch Schüsse zwar verletzt, aber bis zum Ende des Jagdtages nicht aufgefunden werden, verschlechtert sich die Bilanz nochmals deutlich. Nicht selten wird ein Vielfaches an Schüssen abgefeuert als letztlich Tiere auf der Strecke liegen. Tierschutzbedenken drängen sich hier förmlich auf.

Auch der Verbraucherschutz ist unter diesen Bedingungen problematisch. Den Erleger trifft hiernach gesetzlich zwingend die Aufgabe, vor der Schussabgabe das lebende Tier danach zu beurteilen, ob es auffällige für den menschlichen Verzehr bedenktliche Merkmale aufweist. Hierzu zählen u.a. die Beurteilung des Verhaltens, der Bewegungsabläufe sowie der Körperhaltung des Tieres in Ruhe und in Bewegung. Hinzu kommen Überlegungen zur Alters- und Sozialstruktur der Population. Wie soll das funktionieren, wenn das zu erlegende Tier flüchtend nur für wenige Sekunden sichtbar ist und die alleinige Aufmerksamkeit des Schützen der schnellen Schussabgabe gilt?

Auch die Einhaltung fleischhygienischer Bestimmungen für Transport, Lagerung und sorgfältige Verarbeitung der Tierkörper ist für Jagdorganisatoren, Wildhändler und -verarbeiter bei großen Mengen und langer Jagddauer deutlich schwieriger ist als bei kleineren Stückzahlen. Drohende Folge: Mehr Tiere landen in der Tierkörperbeseitigung anstatt als qualitativ hochwertiges Wildbret auf dem Verbraucherteller.


Fazit: Die „zielorientierte Jagd“ ist kein Erfolgsmodell. Zu viele elementare Gründe sprechen bisher klar gegen diese Jagdform - mangelnde Aussicht auf langfristigen Erfolg, Tierschutz und Verbraucherschutz.


Mit Weidmannsheil und freundlichen Grüßen


Jagdverband Bernau e.V. 

Jörg Stendel, Vorsitzender


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